- Rosa
Roermond (NL) - Maastricht (NL) - Huy (BE)
Am Samstag, den 05.06.2021 fuhren wir 10:30 Uhr weiter. Wir verließen die Roermond City Marina und folgten weiter der Maas. Von Abfahrt bis zur Ankunft in Maastricht war es nebelig und wir mussten den ganzen Tag unsere Positionslichter an haben, um den anderen Schiffen die Chance zu geben uns in der Ferne erahnen zu können. Wahrscheinlich hörte man aber trotzdem schon unseren Eintakter tuckern ehe man unsere Lichter sah. Das Thermometer zeigte zwar 18 Grad, aber da es den ganzen Tag diesig und feucht war, fühlte es sich eher wie kühle 10 Grad an. Durch den Nebel war die Landschaft am Ufer in unwirkliche graue Schleier getaucht und sah aus wie gemalt. Während ich am Steuer war, sah ich auf einem Ast am Ufer einen Eisvogel sitzen. Einen Eisvogel zu sehen war für mich schon ein Glücksmoment aber den farbenprächtigen Vogel in der grauen Kulisse zu sehen war besonders magisch.
Wir passierten die Schleusen Linne, Maasbracht und Born. Die Maasbrachter Schleuse hat mit fast 12m die größte Fallhöhe aller Schleusen in der Niederlande aber war glücklicherweise mit Schwimmpollern ausgestattet, so dass die Höhe leicht zu bewältigen war.
In Maastricht hatten wir großes Glück und erwischten den letzten freien Liegeplatz am kostenlosen Anleger in der Innenstadt. Wir waren direkt an der Brücke St. Servaasbrug und somit direkt im Zentrum. Wir legten 18 Uhr an und gingen dann in die Stadt. Maastricht ist eine außergewöhnlich schöne Stadt und ich war vom ersten Moment an begeistert von den alten, schmalen Häuschen, den verwinkelten Straßen und den vielen jungen Leuten. Die Restaurants und Bars waren alle gut besucht und auch wir setzen uns, um ein Bier (Oskar), Tee (Rosa) und köstliche Bitterballen (frittierte Bällchen mit unklarer Füllung) zu genießen und Leute zu beobachten. Abends kochte Oskar und wir saßen beim Essen mit Blick auf Maastricht an Deck.
Am 06.06. waren wir weiterhin in Maastricht. Obwohl Sonntag war, war ein Großteil der Geschäfte ab 12 Uhr geöffnet. Ich ging bummeln und genoss es, mal wieder in Geschäfte gehen zu können, ohne dass man einen Test, Termin oder Kontaktnachverfolgung brauchte. In Maastricht sind zwar auch die großen Modeketten vertreten, der Großteil der Geschäfte ist aber lokaler Einzelhandel mit sehr schönen Läden. Während ich glücklich von einem Laden zum anderen tigerte, war Oskar in einem Café und trank ein niederländisches Bier. Ein schöner, entspannter Tag! Natürlich gibt es immer auch was fürs Boot zu tun und so kauften wir einen Trolley (besser bekannt als Hackenporsche), um damit an Tankstellen Diesel holen zu können, ohne dass Oskar die Kanister durch die Stadt schleppen muss. In Maastricht war dies nicht nötig, da es eine Bootstankstelle in einem ehemaligen Frachtschiff gab, die auch sonntags geöffnet hatte.
Da wir noch nicht genug von den niederländischen Pommes hatten, holten wir uns heute nochmal welche. Sie waren köstlich und nochmal ein ganzes Stück besser als in Roermond.
Am 07.06. hatte Oskar früh um 7 Uhr einen Termin für einen PCR-Test für die Einreise in Frankreich, dann verließen wir unseren kostenlosen Liegeplatz in Maastricht. Nach einer Stunde Fahrt kamen wir an die belgische Grenze und direkt danach an die Schleuse Lanaye. Erste Erkenntnis in Belgien: der Schleuser hat auf einen englischen Funkspruch von uns einfach nicht reagiert. Erst als ich es auf Französisch probierte, antwortete er uns. Leider verstand ich seine genuschelte Antwort kaum, die durch das Funkgerät noch weiter verzerrt wurde und musste mehrmals nachfragen. Na das kann ja noch lustig werden mit den Schleusen im Belgien und Frankreich!
Wir mussten fast 3 Stunden an der Schleuse Lanaye warten und wurden dann gemeinsam mit fünf riesigen Schubverbänden und zwei weiteren Sportbooten geschleust. Die Schleuse ist so groß, dass drei große Frachtschiffe nebeneinander gepasst haben!
Die Strecke von Maastricht bis Huy war erstaunlich…unansehnlich. Ehrlich gesagt waren die 32nm bisher sogar der mit Abstand hässlichste Abschnitt unserer Reise. Schwerindustrie, große Fabriken und Kraftwerke säumten pausenlos beide Uferseiten. Auch der Mittellandkanal hatte Streckenabschnitte mit Industriegebieten aber nach ein paar Kilometern war es vorbei. Auf dem Weg von Maastricht bis Huy gab es keinen einzigen Kilometer, der schön war und auch die Stadt Liège bestand an der Meuse (belgische Fortsetzung der Maas) nur aus Plattenbauten.
Kurz vor Huy war eine Schleuse, die uns alle Nerven kostete. Eigentlich waren wir inzwischen ein eingespieltes Team und ließen uns von Schleusen nicht mehr aus der Ruhe bringen aber die Schleuse Ampsin-Neuville war fies und gemein. Wer sich für Schleusen-Dramen interessiert kann weiter unten die ganze Geschichte lesen.
Huy war der erste hübsche Anblick der ganzen Strecke und schon kurz hinter der Stadt wurde es schöner. Wir legten im Yachthafen hinter Huy an, kamen sehr nett mit dem Hafenmeister und anderen Gastliegern ins Gespräch, wuschen Wäsche und ließen den Tag ausklingen. Oskar kochte Nudeln und wir aßen bei malerischem Sonnenuntergang mit Blick auf die Meuse. Einziger Nachteil des sonst guten Hafens war, dass „Corona-bedingt“ (?) die Duschen geschlossen waren. Es war eine monoton hässliche Etappe und die Schleuse Ampsin-Neuville kurz vor Huy war immer noch in unserem Hinterkopf präsent. Das hätte krachen können! Aber zum Glück ist alles gut ausgegangen.
Näheres zur Schleuse Ampsin-Neuville:
Aktuell wird die Anlegestelle renoviert, bei der die wartenden Boote festmachen können. Somit gab es keinen Sportbootanlegeplatz oder eine Gelegenheit für uns zum „parken“. Die Einfahrt im die Schleuse war dadurch für uns ziemlich vertrackt, da wir laut Schleuser als zweites in die Schleuse fahren sollten aber uns dafür zwischen vier großen Frachtschiffen durchmanövrieren mussten. Die vier Boote konnten ebenfalls nicht anlegen sondern fuhren alle auf engem Raum langsam vorwärts oder rückwärts, was für uns starke Turbulenzen bedeutete. Die aus der Schleuse rausfahrenden Boote machten die Situation noch schwieriger für uns aber wir schafften es (mit einer Ehrenrunde, die wir durch die Turbulenzen vor der Schleuseneinfahrt drehen mussten) gut in die Schleuse. In der Schleusenkammer erwartete uns die nächste Überraschung. Eigentlich haben die großen Schleusen im hinteren und vorderen Abschnitt der Schleuse für Sportboote bzw. kleinere Boote engere Abstände für die Poller. In dieser Schleuse war das nicht der Fall und die Poller waren ca. 15m auseinander. So konnten wir nur an einem Poller festmachen und nutzten dafür zwei Leinen (eine hatte Oskar vorne, eine hatte ich hinten). Als die Schleusung losging, kam das Wasser direkt unter uns in die Kammer reingesprudelt. Dadurch, dass das Wasser von unter unserem Heck kam, wurden wir mit voller Kraft in die Mitte der Schleusenkammer gedrückt. Der Druck war so stark, dass wir die Leinen nicht mehr in der Hand halten sondern an Klampen festmachen mussten (was man eigentlich auf keinen Fall in einer Schleuse machen soll). Da der nächste Poller 2m über dem war, an dem wir festgemacht haben und wir inzwischen in die Mitte der Schleuse gedrückt wurden, waren wir viel zu weit weg um mit Werfen oder dem Bootshaken den höheren Poller zu erreichen. Wir konnten aber die Leinen auch nicht lösen, denn das von unten reinsprudelnde Wasser und der Druck hätten uns sofort noch weiter von der Schleusenwand weggedrückt. Wir ließen die Leinen also wo sie waren aber mit zunehmendem Pegel war auch der Poller immer tiefer im Wasser. So wurde das Boot immer schräger ins Wasser gezogen und wir mussten den Leinen Spiel geben, wodurch wir aber weiter in Richtung Schleusenmitte trieben. Oskar schaffte es, eine Leine wie ein Lasso zu einem neuen Poller zu werfen. Gerade rechtzeitig, denn die anderen beiden Leinen, die inzwischen ca. 2 Meter unter Wasser befestigt waren, lösten sich. Jetzt waren wir nur noch an der einen, neuen Leine fest und wurden durch die Strömung mit Schwung zur gegenüberliegenden Schleusenmauer gedrückt. Da uns die Schleuse von Anfang an suspekt war, hatten wir sicherheitshalber die ganze Zeit den Motor im Leerlauf. Als wir nun zur anderen Seite der Schleuse gedrückt wurden und in den Turbulenzen keine Kontrolle mehr über das Boot hatten, starten wir den Rückwärtsgang und steuerten dagegen. In diesem unpassenden Moment startete das Frachtschiff direkt vor uns den Motor. Da der Zielpegel erreicht war, kam zwar kein Druck mehr von unten aber stattdessen in nahtlosem Übergang von vorne von dem Frachtschiff. Da wir immer noch nicht fest waren, drückten uns die Wellen und Strömung des Schubverbandes nun in Richtung Schleusentor. Wir manövrierten mit dem Motor und der einen Leine in der Schleuse hin und her und verhinderten nur durch Glück, dass wir mit der rechten oder linken Schleusenwand oder dem Schleusentor zusammenkrachten. Als das Frachtschiff aus der Schleuse rausfuhr, entspannte sich die Situation. Das war echt knapp!! Nachdem wir tief durchgeatmet und den Schreck, in einer großen Schleuse die Kontrolle über das Boot verloren zu haben, verdaut hatten, fragten wir uns, was wir hätten besser machen können. Wir analysierten was passiert ist und nein, von uns aus hätten wir die Situation nicht vermeiden können. Das Problem waren die Poller, die viel zu weit auseinander waren. Außerdem der Schleusenwärter, der uns weder davor gewarnt hat, dass wir direkt über einer Drüse waren aus der das Wasser von unten in die Kammer strömte, noch uns half, als wir eindeutig Hilfe brauchten. Und das Frachtschiff, dass direkt vor uns den Motor startete und Gas gab als unser Boot unkontrolliert in der Schleuse tanzte, war auch ein Problem, das wir nicht hätten vermeiden können.