- Rosa
Lacroix-Sur-Meuse (FR) - Commercy (FR) - Toul (FR)
Am 18.06.2021 fuhren wir um 9 Uhr von Lacroix-sur-Meuse los, nachdem Oskar morgens noch beim Bäcker und Fleischer einkaufen war. Wir wären gerne bis Toul gekommen (wo die Bootswerkstatt ist, bei der wir unseren Motor kontrollieren lassen möchten) aber da wir unseren Tagesplan am vorherigen Tag nicht geschafft haben, war uns schon morgens klar, dass wir wohl nicht bis Toul kommen würden… und so war es auch. Morgens um 9 Uhr waren wir an der Schleuse von Lacroix-sur-Meuse mit dem Schleuser verabredet, der uns schon am vorherigen Tag sieben Schleusen lang begleitet hat. Er wirkte zwar morgens etwas verkatert aber redete trotzdem wieder wie ein Wasserfall und wir sind sogar so weit gekommen, dass wir ihn Didier nennen dürfen. Er liebt seinen Job als Schleuser, arbeitet viel lieber an den manuellen Schleusen weil das besser für seine Figur ist und wir werden ihn ein bisschen vermissen. In Saint-Mihiel mussten wir anlegen und eine Zwangspause einlegen, weil der Schleuser der Saint-Mihiel-Schleuse von 12 bis 14 Uhr Mittagspause hat. Wir kamen kurz vor 12 Uhr an, der Schleuser kam zu uns ans Boot und bekräftigte, dass er jetzt was isst und es dann um 14 Uhr weitergeht. Also machten wir eine zweistündige Siesta: Oskar arbeitete, ich döste. Um 14 Uhr konnten wir unsere Fahrt fortsetzen. Ab Saint-Mihiel waren es wieder „normale“ Schleusen mit einem Schleuser, der auf Knöpfe drückte statt zu kurbeln. Durch die Algen waren wir sehr langsam unterwegs und ich habe den Überblick verloren, wie oft Oskar ins Wasser musste, um den Propeller von Algen und Seegras zu befreien. 15 Mal? 20 Mal? Oder sogar häufiger? Zwei Situationen waren besonders extrem:
1.: Gleich bei der ersten Schleuse steckten wir in der Schleuse in Seegras fest, so dass wir nicht aus der Schleuse rausfahren konnten. Oskar musste somit in der Schleuse ins Wasser gehen um den Propeller zu säubern. Jeder, der schon mal das Wasser bzw. die Brühe in einer Schleuse gesehen hat, kann sich vorstellen, wie ungern Oskar das gemacht hat. Aber da wir uns trotz Vollgas keinen Millimeter bewegt haben, war das die einzige Option.
2.: Hinter einer anderen Schleuse blieben wir so fies im grünen Teppich stecken, dass auch das Säubern vom Propeller und alle anderen Versuche erfolglos blieben. Zum Glück war der Schleuser hilfsbereit und Oskar und er versuchten das Boot aus der grünen Pampe rauszuziehen. Bei diesem Manöver (der Schleuser zog vom Ufer aus) kamen wir zwar ein Stück vorwärts, waren dann aber auf Grund. Somit musste der Schleuser auf die andere Uferseite und von dort ziehen. Das war eine Aktion! Aber am Ende hat es zum Glück geklappt.
Oskar war echt ein Held, denn ständig in diesen Unterwasser-Urwald aus Algen, die wie die Borsten eines Schuhabtreters aussahen, zu müssen, war keine schöne Aufgabe. Den einen Schleuser habe ich gefragt, warum hier so wenig Boote unterwegs sind obwohl es so wunderschön ist. Er meinte, dass das an den Algen liegt, die ab Charleville-Mézières die Meuse so beschwerlich machen. Er meinte, dass das viele Bootsfahrende abschreckt. Aus unserer Erfahrung sehr verständlich! Er erzählte weiter, dass VNF sogar überlegt, die Meuse ab ungefähr Charleville-Mézières für Boote zu sperren, da so wenige die Meuse befahren und all die Schleusen einen großen Aufwand bedeuten. Es ist schon geplant, die Meuse in den Wintermonaten zu schließen. Er vermutet, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann VNF die Meuse auch im Sommer schließt. Konkrete Pläne gebe es aber noch nicht. Ich fragte ihn, warum man nicht was gegen die Algen macht, wenn das der Grund ist warum so wenig Boote kommen. Er zuckte die Schultern: „Das wäre sehr viel Arbeit“. Sehr schade! Man kann nur hoffen, dieser Teufelskreis aus viele Algen -> wenig Boote -> stehendes Gewässer -> noch mehr Algen -> noch weniger Boote irgendwie durchbrochen werden kann.
Der Schleuser der Schleuse von Commercy wartete glücklicherweise auf uns, obwohl er schon seit einer halben Stunde Feierabend hatte. Sehr nett! Andererseits waren wir so spät dran, weil wir in Saint-Mihiel zwei Stunden warten mussten, weil sein Kollege Mittagspause gemacht hat. In Commercy hatten wir einen kostenlosen Liegeplatz und sind wieder in einer Stadt gelandet, in die sich wahrscheinlich schon lange kein Tourist verirrt hat. Auf dem Marktplatz war eine Andacht an den 1. Weltkrieg: Vertreter von Militär und Politik legten Blumenkränze an einem Denkmal nieder und wurden von Trompete, Trommel und der Nationalhymne begleitet. Der 1. Weltkrieg ist hier in jedem Ort präsent!
Abends aßen wir an Bord, wegen der Hitze war uns nicht nach was Warmen. Stattdessen machten wir Salat, aßen Baguette mit Oskars Einkäufen aus der Boucherie und tranken Cidre.
Am 19.06. hatten wir unseren Schleusen-Rekord: wir passierten 17 Schleusen auf dem Weg von Commercy nach Toul! Bei drei Schleusen hakte es (einmal war der Schleuser nicht da, einmal ging das Tor nicht auf, so dass wir nicht einfahren konnten und einmal öffnete sich das Schleusentor nicht zur Ausfahrt) aber insgesamt ging alles glatt. Oskar musste so oft ins Wasser, um den Propeller von Seegras zu befreien, wie wir Schleusen passierten. Ein kleines bisschen freuen wir uns auf stärker befahrene Flüsse, damit wir das Problem mit den Algen nicht mehr haben… Nach fünf Schleusen verließen wir die Meuse bzw. Maas, auf der wir seit 02.06. unterwegs waren. Es war ab Huy ein fantastischer Fluss an den wir gerne zurückdenken werden! Von der Meuse fuhren wir auf den Marne-Rhein-Kanal. Den Auftakt des Kanals bildete ein 866m langer Kanaltunnel. Dieser Tunnel war im Gegensatz zu den beiden vorherigen beleuchtet, was deutlich angenehmer war. Dann kamen wir an die erste Schleuse des Marne-Rhein-Kanals und nach 80 Schleusen (21 in Niederlade und Belgien, 59 in Frankreich) auf der Maas/Meuse ging es zum ersten Mal seit 17 Tagen wieder abwärts in der Schleuse!
Dann folgten in 1-Kilometer-Abständen zwölf Schleusen aufeinander bis wir abends in Toul im Hafen ankamen. Seit Belgien war dies das erste Mal wieder ein „richtiger“ Hafen mit mehreren Stegen, Dauerliegern etc. Wegen der 17 Schleusen und der vielen Algen haben wir für die 12,5 nm (d.h. etwa 23 km) 8,5 Stunden gebraucht, waren also mit durchschnittlich 2,7 km/h unterwegs. In Toul gingen wir einkaufen, holten uns ein Eis und liefen und eine kleine Runde durch die Stadt. Die Franzosen feierten ihr 1:1 gegen Ungarn mit Autokorsos als hätten sie das Halbfinale gewonnen.
Wir sind nun seit einem Monat unterwegs. Zeit für einen kleinen Rückblick!
Wir haben 660 Seemeilen ab Potsdam zurückgelegt d.h. 1222,32 Kilometer
Ab Potsdam haben wir 107 Schleusen passiert, davon 15 in Deutschland, 21 in Niederlande und Belgien und 73 in Frankreich (59 auf der französischen Meuse und 12 auf dem Marne-Rhein-Kanal)
120l Diesel haben wir ab Potsdam verbraucht d.h ca. 1l pro 10km
6 freie Tage (Hannover, Minden, Münster, Roermond, Maastricht, Verdun) haben wir uns in dem Monat genehmigt
Am Sonntag, den 20.06. blieben wir in Toul, da wir am Montag einen Termin zur Kontrolle unserer Stopfbuchse am Motor haben. Wir schliefen aus, machten ein gemütliches Frühstück und liefen durch die Stadt. Toul hat, abgesehen von der Kathedrale, nicht viel zu bieten. Umgeben ist die Innenstadt von einem Festungswall mit Wassergraben, an dessen Ufer Schafe weiden. Innerhalb des Walls ist es eine hübsche aber langweilige Stadt ohne Geschäfte und mit nur wenig Leben. Was Toul besonders macht ist die Kathedrale St. Étienne, die eine beeindruckende Fassade im Flamboyantstil der Spätgotik hat und die ganze Stadt überragt.
Da es regnete, verbrachten wir den Nachmittag und Abend unter Deck- auch mal gemütlich!