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  • Rosa

Emmerich - Gennep (NL) - Roermond (NL)

Eigentlich wollten wir am 02.06.2021 kurz vor 8 Uhr morgens losfahren. Aber: mein PCR-Testergebnis aus Münster war noch nicht da, obwohl 48h vergangen waren. Da die Grenze ca. 30 min hinter Emmerich ist, wollten wir nicht losfahren solange das Ergebnis nicht angekommen ist. Kurz gesagt verbrachte ich den Vormittag damit, den Kundendienst anzurufen (ohne Erfolg), Mails zu schreiben (ohne Erfolg) und irgendwie eine Auskunft über meinen Test zu bekommen (ebenfalls ohne Erfolg). Nach 52,5h trudelte dann die Mail mit meinem negativen PCR-Testergebnis ein und wir konnten 13 Uhr endlich losfahren. Die 2,5h auf dem Rhein, der später zur Waal wird, waren wieder anstrengend. Die hohen und steilen Wellen, die aus jeder Richtung kommen sowie die Strömung und der Verkehr sind wirklich kein Zuckerschlecken.

Plötzlich waren wir in der Niederlande. Man merkte den Länderwechsel kaum, einziges eindeutiges Zeichen war die SMS, die über die Telefontarife im Ausland informierte. Ansonsten fiel nur auf, dass in der Niederlande FKK-Strände am Rheinufer waren und mehr Villen mit Blick auf den Rhein bzw. die Waal. Der spannendste Augenblick der ganzen Fahrt auf dem Rhein war das Abbiegen auf den Waal-Maas-Kanal. Oskar musste eine sehr steile Kurve fahren, gleichzeitig kamen Gegenverkehr und mehrere Schiffe aus dem Kanal gefahren. Die steile Kurve mit der starken Strömung bereitete uns Herzklopfen und einen kurzzeitigen Atemstillstand aber wenige Augenblicke später waren wir wieder auf einem friedlichen Kanal und der Rhein war geschafft. Wir sind froh, den Rhein nicht nochmal mit diesem Boot fahren zu müssen!

Im Waal-Maas-Kanal passierten wir zwei Schleusen, wurden von Ruderern überholt und konnten nach dem Rhein durchatmen. Dann kamen wir auf die Maas, die wir bergauf fuhren. Glücklicherweise ist die Strömung nicht so stark, so dass wir fast unsere normale Geschwindigkeit erreichten. Um 19:30 Uhr kamen wir im WSC Paesplas in Gennep an. Durch die verspätete Abfahrt schafften wir leider nicht unser Etappenziel aber haben immerhin trotzdem 33nm zurückgelegt. Der Hafen in Gennep war eine positive Überraschung: wir wurden mit Tee, Kaffee und Keksen begrüßt und mussten nur 10,38 Euro Liegegebühr inkl. Strom, Toiletten, Duschen, WLAN, Müll und Wasser bezahlen. Der Hafen ist bisher der freundlichste und schickste und günstigste auf unserer ganzen Strecke.

Und noch eine gute Nachricht: am Abend bekamen wir eine Mail, dass wir die 80€ für den PCR-Test zurückerstattet bekommen. Ende gut, alles gut und unsere Bordkasse freut sich!

Am 03. Juni fuhren wir morgens um 8 Uhr vom Hafen in Gennep los. Schon morgens war es schwül, so dass man jeden Moment mit dem vorhergesagten Gewitter rechnete. Wir fuhren auf der Maas weiter in Richtung Belgien und gewöhnten uns daran, möglichst nah am Ufer zu fahren um die dezente, aber vorhandene Gegenströmung zu vermeiden. Schließlich sind 0,3 Knoten Geschwindigkeitsverlust durch die Strömung nicht viel, können aber bei 36nm Strecke unsere Ankunftszeit um ca. 1h verzögern. Wir passierten drei Schleusen: Sambeek, Belfeld und Roermond. Inzwischen sind wir ein eingespieltes Team und fühlen uns an den Schleusen nicht mehr wie die absoluten Anfänger. Man muss erst durch viele Schleusen-Fettnäpfchen gehen, um irgendwann Routine zu bekommen… Aber auch wenn wir inzwischen geübt sind, so können die anderen Schiffe trotzdem an Schleusen einen Schreckmoment verursachen, wie beispielsweise in Sambeek: Vor uns in der Schleuse war ein Charter-Motorboot. Als die Schleusentore öffneten, trödelte das Motorboot und brauchte eine gefühlte Ewigkeit um die Leinen von der Schleusenwand zu lösen und loszufahren. Wir waren währenddessen in den Startlöchern und mussten warten. Als wir losfuhren kam aber schon direkt ein großer Schubverband in die Schleuse gefahren. Der Kapitän hat wahrscheinlich den Motor gestartet und den Vorwärtsgang eingelegt als sich die Tore öffneten und war nicht darauf vorbereitet, dass das Motorboot solange fürs Rausfahren braucht. Natürlich kann so ein großes Frachtschiff nicht einfach bremsen, sondern fuhr zielstrebig in die Schleuse. Wir hatten nun die gefährliche Situation, dass wir genau in der Ausfahrt der Schleuse waren als das Berufsschiff einfuhr. Einerseits war zwischen uns und der Schleusenwand sowie uns und dem riesigen Frachtschiff kaum Platz, andererseits machte das Schiff große Wellen und Sog, der uns zwischen Schleusenwand und Frachtschiff-Rumpf wie eine Nussschale hin und her warf. Wir hatten großes Glück und es ist nichts passiert. Es hätten nur ca. 5 cm gefehlt, dann wären wir erst mit dem Heck gegen die Schleusenmauer gerammt, dann mit dem Bug heftig gegen das Frachtschiff gestoßen und wären dann im Sog und den Wellen in eine sehr gefährliche Situation gekommen. Puh, Glück gehabt! Und letztendlich kam es dazu nur, weil das Charter-Motorboot so lange zum Ablegen in der Schleuse gebraucht hat. Bei der Fahrt von Gennep war der Wurm drin und die Beinahe-Einklemmung an der Schleusenausfahrt war nicht die einzige gefährliche Situation, in die wir an diesem Tag gebracht wurden. An einer Kabelfähre überholte uns ein Frachtschiff so dicht, dass wir beinahe in das Kabel fahren mussten, um dem Schiff auszuweichen. Natürlich hat die Berufsschifffahrt Vorfahrt aber das Überholmanöver muss ja nicht ausgerecht am Kabel einer Kabelfähre stattfinden! Den Tag über gab es noch mehr solcher unschönen Situationen- aber genug davon.

Die Fahrt auf der Maas war schön. Der Fluss schlängelt sich sanft durch das flache Land. Es gibt unzählige Fähren aber kaum Brücken, wodurch der Fluss ein bisschen aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Beim Mittelland- oder Dortmund-Ems-Kanal beispielsweise war aller paar Kilometer eine Brücke auf der Autos oder Züge entlang rasten oder Rohre von Fabriken verlegt waren. Die Maas stattdessen hat kleine Fähren, auf die nur wenige oder keine Autos passen. Am Ufer der Maas stehen Kühe und Pferde und genießen das kühle Wasser und man sieht verschiedenste Enten, Gänse und sogar schwarze Schwäne.

Um kurz nach 18 Uhr kamen wir in Roermond in der City Marina an. Wir legten an, zogen uns um und gingen dann zur „L‘ora blu“, die schon vor uns in Roermond angekommen ist und hier nun als Dauerlieger eine neue Heimat hat. Michael und Udo hatten uns zum Abendessen eingeladen und als wir ankamen war Udo schon dabei, ein köstliches Curry mit Garnelen, Hühnchen und viel knackigem Gemüse zu zaubern. Das Essen war köstlich und wir hatten einen wunderbaren Abend zusammen. Ein paar gute Flaschen Weißwein und viele kurzweilige Gesprächsthemen später schaute Udo auf die Uhr und stellte fest, dass es schon 0:38 Uhr war. Der Abend ist verflogen! Wie schön, auf einer solchen Reise so tolle neue Bekanntschaften zu machen.


Am 04.06. machten wir einen Hafentag. Wir schliefen aus, frühstückten in aller Ruhe und dann machte Oskar sich an den Motor (an der Welle tritt beim Fahren etwas mehr Wasser ein als es soll) und ich mich ans „klar Schiff machen“ unter Deck. Da es sehr schwül war, dauerte es nur wenige Minuten bis wir beide völlig durchgeschwitzt waren. Aber da es im Hafen den Luxus einer Dusche gibt, ist das nicht schlimm gewesen. Die City Marina in Roermond ist sehr groß mit etwa einem Dutzend Stegen und 520 Liegeplätzen. Unsere April ist deutlich kleiner als der Durchschnitt und sieht in der großen Box etwas verloren aus. Der Hafen ist sehr schick, kostet aber auch 25 Euro pro Nacht, was bisher unser Höchstpreis ist.

Um 13 Uhr fuhr Udo mit einem Taxi zum Bahnhof um von dort zurück nach München zu fahren. Da wir auch in die Innenstadt wollten, nahm er uns mit dem Taxi mit- super nett! Wir verabschieden uns von ihm und hoffen, dass wir uns irgendwann und irgendwo wiedersehen.

Die Innenstadt von Roermond gefiel uns beiden sehr. Eine schöne Altstadt mit vielen Geschäften und Leben. Wir aßen Pommes und Eis, spazierten im Sonnenschein durch die Stadt und dann zurück zum Hafen. Nachmittags kamen Michaels Frau Tanja mit den beiden Kindern um das Wochenende zu viert auf der „L‘ora blu“ zu verbringen. Gemeinsam waren wir abends Frikandel essen: eine undefinierbare Wurst mit frischen Zwiebel, dazu Pommes und auf beidem waren Mayo und Curry-Ketchup. Klingt schräg und schmeckte ziemlich gut. Da es zu regnen begann, flohen wir in einen nahegelegenen Supermarkt. Wir kauften alten Gouda, alten Ziegenkäse und Stroopwafel für unseren Reiseproviant. Auf dem Weg zurück zum Hafen begann es dann richtig zu schütten. Zum Glück hatten wir es nicht mehr weit und konnten in unser Boot flüchten. Später sind wir nochmal zur „L‘ora blu“ rübergegangen. Bei leckerem alten und jungen Gouda und gutem Rotwein plauderten wir mit Michael, Tanja, Maximilian und Anne durch den Abend. Es war wieder ein toller Abend und es ist schade, dass die „L‘ora blu“ nun nicht mehr die gleiche Route fährt wie wir. Aber wer weiß, wo wir uns das nächste Mal wiedersehen- wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt!



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