- Rosa
7. Etappe der Tour de France (Le Creusot)
Am Freitag, den 02.07.2021 machten wir von Chalon-sur-Saône aus einen Ausflug zur Tour de France. Zwar sind wir beide keine eingefleischten Radrennen-Fans aber als wir gesehen haben, dass die Tour nah an unserer Route entlangführt, wollten wir es uns nicht entgehen lassen mal eine Etappe live zu sehen. Zeitlich passte es perfekt, die 7. Etappe der Tour in unsere Routenplanung einzubauen. Das Ziel dieser Etappe war in Le Creusot, etwa 40 km westlich von Chalon-sur-Saône. Da man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nur schlecht nach Le Creusot käme, entschieden wir uns zu trampen. Schließlich ist es sehr wahrscheinlich, dass anlässlich der Tour de France viele Leute nach Le Creusot fahren.
Gegen 11:30 Uhr brachen wir vom Hafen auf. Ausgerüstet mit einem Pappschild auf dem „Le Creusot“ stand, viel Trinken und Essen, Sonnenhüten und Sonnencreme liefen wir los in Richtung Landstraße. Wir sind kaum 10 Minuten gelaufen, da hielt schon ein Auto an um uns mitzunehmen. Am Steuer saß Pierre und obwohl er eigentlich ein anderes Ziel hatte machte er für uns einen Umweg und fuhr uns bis nach Le Creusot ins Zentrum. Die 45-minütige Autofahrt verging mit Plaudern wie im Flug: Pierre arbeitet in einem Restaurant, da er gerne in Zukunft seine eigene Brasserie eröffnen möchte. Um alles zu lernen hat er erst als Koch gearbeitet und ist jetzt Kellner. Sein Restaurant möchte er in Dijon oder Chalon-sur-Saône betreiben aber auch ins Ausland zu gehen kommt für ihn in Frage. Wir haben viel über Essen (Pierre: „ein gutes Tartar muss 20 Euro kosten. Wenn es 15 Euro kostet, dann ist es essbar aber erst ab 20 Euro wird es sehr gut schmecken“) und Restaurants (Pierre: „das beste Restaurant in Lyon ist die Brasserie George. Es ist etwas teuerer aber dafür ist das Essen fantastisch und man sitzt in einem wunderschönen alten Saal“). Wir haben Telefonnummern ausgetauscht und ihn nach Berlin eingeladen. Wir würden uns freuen wenn wir Pierre dort wiedersehen und mit ihm kochen und Essen gehen können!
In Le Creusot setzte Pierre uns ab und wir liefen durch den Ort. ALLES war passend zur Tour de France geschmückt. Jeder Laden, jedes Restaurant, jede Straße war mit Wimpeln, Plakaten und Trikots dekoriert. Wir waren unsicher, wo wir uns an der Strecke platzieren sollten und liefen zuerst zur Ziellinie. Dort war schon alles aufgebaut: unzählige LKWs und Busse, Tribünen und Gerüste, hunderte Polizisten und Soldaten. Dazwischen war eine Handvoll Zuschauer und noch sehr viel Platz. Wir suchten uns ein schattiges Plätzchen auf einem Wall ca. 15m vor der Ziellinie. Von hier aus hatten wir einen guten Überblick aber auch einen bequemen Platz zum Warten. Die 7. Etappe von Vierzon nach Le Creusot war mit knapp 250km die längste Etappe seit 21 Jahren, somit warteten wir etwa 3,5 Stunden. Aber keine Sekunde war uns langweilig, da es so viel zu sehen gab: es wurden Werbegeschenke verteilt, es fuhren Kinder und Handicap-Fahrer ins Ziel ein, es kamen unzählige Autos, Team-Busse, Motorräder, Helikopter und LKWs, es wurden Getränke und Desinfektionsmittel verteilt, zwei Moderatoren quatschten und wenn sie nicht in ihre Mikrofone sprachen, dann lief laute Musik. Es war sehr unterhaltsam und tolle Stimmung an diesem sonnigen Tag. Etwa eine Stunde bevor die Rennfahrer kamen, fuhr die Werbekarawane vorbei. Wie bei einem Karnevalsumzug fuhren 150 aufwändig dekorierte Werbe-„Autos“ vorbei. Seit fast 100 Jahren gehört diese Werbekarawane zur Tour de France und ist definitiv so spektakulär und sehenswert wie das Rennen an sich.
Wir hatten erwartet, dass es am Ziel richtig voll werden würde aber glücklicherweise war dies nicht der Fall sondern wir hatten sehr viel Platz um uns herum. Durch die lange Etappe mit einigen Berganstiegen kamen die Rennfahrer vereinzelt bzw. in Gruppen an. Der Sieger Matej Mohoric fuhr, nein, sauste allein ins Ziel ein. Man sah ihm die Erschöpfung und Erleichterung von Weitem an und er streckte seine Hände zum Herz geformt in die Höhe. Etwa anderthalb Minuten später kam die Verfolgergruppe und sprintete ins Ziel. Dann kamen einzelne Fahrer und kleine Gruppen. Das Feld war aufgesplittert, was für uns natürlich sehenswerter war als ein großer Pulk der vorbeirast. Kurz vor 17 Uhr brachen wir auf. Da das Trampen auf dem Hinweg so unkompliziert war, waren wir zuversichtlich, dass es auch auf dem Rückweg gut funktionieren würde. Doch da die Straßen wegen der Tour noch gesperrt waren und der Verkehr umgeleitet wurde, mussten wir 5km über hügelige Straßen durch die brutzelnde Sonne laufen um zu einer befahrenen Straße zu kommen. Wir hatten Glück und wurden an der Straße schnell mitgenommen: Damien fuhr zwar woanders hin, brachte uns aber ein paar Kilometer zur Autobahn nach Chalon-sur-Saône. Auch mit Damien plauderten wir die ganze Fahrt lang. Er arbeitete ein paar Jahre als Animateur in Griechenland, Marokko und Tunesien und jetzt in einem Metallwerk in Le Creusot. Damien setzte uns an einem Rastplatz ab. Auch dort hatten wir Glück und wurden von Salomé und Lucie mitgenommen, die auf dem Weg nach Dijon waren und Audrey als Mitfahrerin über BlaBla-Car dabei hatten. Bei den drei Mädels im Auto war die Stimmung ausgelassen. Salomés Mutter stammt aus Berlin und ihre Großeltern leben noch da, so dass wir einen Mix aus Französisch, Deutsch und Englisch redeten. Wir erzählten von unserer Bootsreise und sie waren begeistert. Die Fahrt mit den Dreien hat viel Spaß gemacht und war ein toller Abschluss des Tages. Sie bogen extra von der Autobahn ab, fuhren für uns nach Chalon-sur-Saône rein und setzten uns kurz vor dem Hafen ab. Ist das nicht nett? Wir waren begeistert! Wir haben Kontakte ausgetauscht und ihnen gesagt, dass wir sie gerne wiedersehen würden falls sie mal in Berlin sind. So kamen wir gegen 19:30 Uhr wieder bei unserem Boot an. Wir aßen Abendessen und ließen den ereignisreichen Tag ausklingen. Für die Tour de France mit all dem Drumherum hat sich der Ausflug mehr als gelohnt. Aber auch die drei wirklich freundlichen und heiteren Mitfahrgelegenheiten waren ein Glücksgriff! Wir waren glücklich und zufrieden, diesen Abstecher von unserem Boot aus gemacht zu haben!